Letzte Woche habe ich mit einer Schülerin und ihrem Pferd Gassen auf der Zirkellinie ausgelegt. Beim Erklären, was wir genau tun können, um das Pferd gut an die Gassen heranzuführen, musste ich selbst nachdenken: Wie mache ich das eigentlich genau? Wo schaue ich hin? Als ich die Longe selbst in die Hand genommen habe, wurde mir bewusst, wie sehr ich mein peripheres Sichtfeld nutze, damit ich sowohl den Weg des Pferdes, als auch das Pferd selbst im Blick habe. Auch bei der klassischen Bodenarbeit nutze ich mein peripheres Sichtfeld, um nicht “ins Pferd hinein” zu laufen, sondern meinen Weg neben dem Pferd zu verfolgen und das Pferd trotzdem im Blick zu halten.
Was ist das peripheres Sehen und das Sichtfeld?
Das periphere Sehen und das periphere Sichtfeld sind wichtige Aspekte unseres Sehvermögens, die uns ermöglichen, unsere Umgebung umfassend wahrzunehmen und auf Gefahren oder Bewegungen außerhalb unseres zentralen Blickfeldes zu reagieren.
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Peripheres Sehen
Das periphere Sehen bezieht sich auf die Fähigkeit, Objekte und Bewegungen zu erkennen, die sich außerhalb des zentralen Blickfeldes befinden. Es ist das Sehen, das wir nutzen, um die Dinge um uns herum zu bemerken, ohne sie direkt anzusehen. Während das zentrale Sehen – das Sehen, das wir verwenden, um Details klar und scharf zu erkennen – durch die Makula in der Mitte der Netzhaut ermöglicht wird, wird das periphere Sehen durch die restliche Netzhaut unterstützt. Diese Bereiche sind weniger dicht mit Fotorezeptoren (Zapfen und Stäbchen) besetzt, was bedeutet, dass das periphere Sehen weniger scharf ist, aber dennoch sehr empfindlich auf Bewegung und Lichtunterschiede reagiert.
Peripheres Sichtfeld
Das periphere Sichtfeld umfasst den gesamten Bereich, den wir sehen können, ohne den Kopf oder die Augen zu bewegen. Es ist das gesamte Panorama, das sich vor unseren Augen entfaltet. Ein normales peripheres Sichtfeld umfasst etwa 180 Grad horizontal und etwa 130 Grad vertikal.
Wie hilft uns das bewusste periphere Sichtfeld beim Training?
Beim Longieren ist es wichtig, mit der Longe eine stetige, sanfte und vertrauensvolle Verbindung zum Pferd aufrechtzuerhalten. So kann sich das Pferd an diese Verbindung anlehnen und seine eigene Balance finden.
Damit ich dem Pferd den Weg weise, schaue ich auch immer wieder mit dem Drehen meines Kopfes in die Richtung, in die ich möchte, dass das Pferd geht. Die meiste Zeit allerdings nutze ich mein peripheres Sichtfeld. Mein Fokus und scharfes Sehen ist auf dem vorderen Drittel des Pferdes, den weiteren Weg erfasse ich mit meinem peripheren Sichtfeld und kann das Pferd so gezielt führen, auch in Gassen, über Sprünge oder Ähnliches.
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Bei der Bodenarbeit ist es ähnlich. Auch ich muss mich immer wieder daran erinnern, nicht das Pferd direkt anzuschauen, sondern auf meinen Weg nach vorne und das Pferd nur peripher im Blick zu behalten. Immer wieder tendieren wir dazu, das Pferd zu sehr direkt kontrollieren zu wollen, indem wir es direkt anschauen. Dies hat aber negative Folgen:
Wir wirken mit zu viel energetischem Druck in Richtung Pferd. Was viele Pferde mit Unwillen oder Gegendruck beantworten.
Wir verlieren unseren Weg im wahrsten Sinne aus den Augen. Das Pferd sollte aber uns folgen und dadurch seine eigene Balance finden.
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Deshalb ist es wichtig, dass wir das Pferd nur über unseren peripheren Blick im Auge behalten. Das erscheint uns manchmal unsicher. Je mehr wir dies aber üben, umso besser werden wir in unserem peripheren Sichtfeld Bewegungen und Veränderungen bewusst wahrzunehmen.
Das bewusste Wahrnehmen deines peripheren Sichtfeldes dauert nur einige Sekunden.
Wo auch immer du gerade bist. Nimm erstmal wahr, wie du deine Umgebung siehst. Schau dich um. Schau einmal nach vorne und prüfe, was du in deinem peripheren Blickfeld sehen kannst.
Dann strecke deine Arme nach vorne aus. Mache eine Faust und stelle die Daumen auf. Jetzt bewegst du deine Arme parallel zum Boden zu beiden Seiten nach hinten. Dein Fokusblick bleibt geradeaus. Mit deinem peripheren Blick verfolgst du nun deine Daumen rechts und links.
Wie lange kannst du sie noch sehen? Wann verschwinden sie aus deinem Sichtfeld?
Wie gut kannst du deine Daumen rechts und links verfolgen?
Mache diese Übung 3 Mal. Dann prüfe erneut, wie du deine Umgebung wahrnimmst. Faszinierend, wie viel du jetzt sehen kannst, oder?
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Besonders eindrücklich wirkt diese Übung, wenn du gerade spazieren gehst. Wie viel bewusster du dann die Umgebung wahrnehmen kannst.
Und ein positiver Nebeneffekt: Du nimmst dich selbst wahr. Du stärkst dadurch deine eigene Körperwahrnehmung.
Eine bewusste Wahrnehmung des eigenen Körpers kann das Selbstbewusstsein stärken, da man sich seiner körperlichen Fähigkeiten und Grenzen bewusst ist.
Eine gute Körperwahrnehmung ermöglicht es uns, Bewegungen präzise und effizient auszuführen.
Eine gut entwickelte Körperwahrnehmung ermöglicht schnelle und präzise Reaktionen auf äußere Reize
Viel Spaß beim Ausprobieren!